Mit Engagement, Kreativität und Solidarität durch die Corona-Zeit – mitunter auch am Tatort-Filmset

04. Februar 2021

Peter Hollmann ist nicht nur Gebäudereinigungsmeister und staatlich geprüfter Desinfektor, er ist auch Betriebsleiter und Prokurist der Niederlassungen in Berlin und Brandenburg der Niederberger Gruppe. Hollmann ist direkt der Geschäftsführung unterstellt und führt knapp 700 Beschäftigte. Aufgrund der Corona-Pandemie haben sich einige Änderungen der betrieblichen Abläufe ergeben. Über die Herausforderungen haben wir mit ihm gesprochen.

Guten Tag Herr Hollmann, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Telefoninterview nehmen. Wo erreiche ich Sie gerade, im Homeoffice?

Guten Tag Frau Schwind-Hellwig, ich sitze in meinem Büro unter strikter Einhaltung aller Schutzmaßnahmen. Für mich wäre es nicht tragbar, es mir sozusagen zu Hause gemütlich zu machen, während meine Beschäftigten an vorderster Front stehen. Außerdem haben wir hier viele Prozesse, bei denen ich auch persönlich anwesend sein muss.

Deutschland steckt aufgrund der Corona-Pandemie gerade im zweiten Lockdown. Was hat sich dadurch für Niederberger verändert?

In der Tat hat sich die Auftragslage stark verändert. Hotels, Gastronomie und Veranstaltungsgebäude sind geschlossen. Da wird natürlich auch nicht gereinigt. Dafür gibt es einen erhöhten Bedarf in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern. Wir versuchen, die frei werdenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter da einzusetzen, wo sie gebraucht werden. Das ist ein Kraftakt für alle.

Was bedeutet das genau für die Beschäftigten?

Berlin ist eine große Stadt und normalerweise ist es uns ein Anliegen, Wohn- und Einsatzort miteinander in Einklang zu bringen. Bei der veränderten Auftragslage konnten wir das aber nicht immer gewährleisten. Gut, dass wir hier mit dem Personalrat einer Meinung waren: lieber ein längerer Arbeitsweg und im Job bleiben als Kurzarbeit. Gleichzeitig mussten wir mit den Kunden sprechen, weil sich das Leistungsverzeichnis durch die Pandemie geändert hat.

Können Sie uns hier ein Beispiel nennen?

Ganz konkret führte die neue Situation zu vermehrtem Einsatz der Reinigungskräfte am Tag. Das musste dem Kunden natürlich kommuniziert werden und wurde im Allgemeinen auch gut aufgenommen. Wir hoffen nun, dass diese Entwicklung der Tagreinigung einen Schub verpasst. Zum einen lassen sich so Familie und Beruf für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser vereinbaren. Zum anderen macht es unsere Arbeit sichtbar. Die Leistung wird dann mehr wertgeschätzt. Dafür kämpfen wir schon lange.

Vermutlich wird nun auch häufiger eine desinfizierende Reinigung angefragt?

Ja, in der Tat, auch in nicht hygienesensiblen Bereichen müssen jetzt vermehrt Flächen wie Lichtschalter, Türklinken oder Tische desinfiziert werden. Das ist natürlich ein höherer Aufwand.

Schulen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vorfeld?

Kollegen, die vorher in der Unterhaltsreinigung eingesetzt waren, sind von uns trainiert worden. Das war nicht weiter kompliziert, da wir es ohnehin gewohnt sind, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem neuesten Stand zu halten. Wir haben in kleinen Teams geschult und selbstverständlich alles dokumentiert und festgehalten. Als Lehrlingswart der Gebäudereiniger-Innung hier in Berlin kenne ich mich mit dem Thema Ausbildung aus. Normalerweise gibt es in der Branche eine recht hohe Fluktuationsrate. Wir wissen also, wie man einarbeitet. Wobei wir mit durchschnittlich neuneinhalb Jahren Betriebszugehörigkeit eine wirklich gute Quote aufweisen.

Wenn mehr desinfiziert wird, hat sich sicher auch die Produktmenge verändert?

Bei Händedesinfektion kam es zu einer Steigerung um den Faktor 15, bei Flächendesinfektionsmitteln um den Faktor sieben bis acht. Das ist schon enorm. Da es sich um entflammbare Produkte handelt, besteht eine besondere Vorsicht bei der Lagerung. Wir haben zusätzliche Flächen angemietet und so umgebaut, dass sie den speziellen Anforderungen der Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) entsprechen.

Welche Maßnahmen haben Sie genau ergriffen?

Unter den Lagerorten müssen Wannen aufgestellt werden, für den Fall, dass doch mal etwas ausläuft. Wir haben den Brandschutz überarbeitet und zusätzliche Feuerlöscher angeschafft. Auch muss Flächendesinfektionsmittel von großen in kleine Gebinde umgefüllt und verdünnt werden. Das geht nur mit kompletter Schutzausrüstung.

Am Anfang der Pandemie war das Desinfektionsmittel knapp. Was haben Sie da getan?

Es gab tatsächlich den Fall, dass Kollegen anriefen, die ohne Desinfektionsmittel dastanden, weil der Großhandel nicht liefern konnte. Wir haben dann von unserem etwas abgegeben und als deren Lieferung kam, bekamen wir es zurück. Das Lager hat sozusagen als Puffer gedient. Anfangs haben wir sogar Masken selbst genäht. Seit einiger Zeit schon tragen alle medizinischen Mund-Nase-Schutz oder FFP2-Masken.

Das klingt sehr solidarisch! Haben Sie auch negative Erfahrungen gemacht?

Manche Auftraggeber wollten ihre Verträge nicht einhalten und nicht bezahlen. Die Leute wären im Homeoffice, die Büros seien leer und müssten schließlich nicht gereinigt werden. Natürlich habe ich auf die Zahlungen bestanden, denn bei uns fließen Löhne und Lohnnebenkosten auch weiter. Das Mahnaufkommen ist deutlich höher als vorher. 

Was hat denn der Tatort mit alldem zu tun?

Wenn die Grundfesten erschüttert werden, muss die Dienstleistung kreativ erweitert werden. Und das haben wir getan. Berlin ist bekannt für seine Filmbranche, und damit Dreharbeiten laufen können, braucht es ein wasserdichtes Hygienekonzept. Das haben wir entwickelt. Mittlerweile haben wir an den Sets von mehreren Tatorten, Polizeiruf 110 oder Kuhdamm 56 desinfiziert, Masken verteilt und, und, und. Knapp 100.000 Euro haben wir damit in den letzten drei Monaten umgesetzt.

Das war für Ihr Personal sicher auch mal etwas anderes. Wenn Sie jetzt noch ein Wort zur Pandemie-Situation an die Kanzlerin richten könnten, was würden Sie ihr sagen?

Dann würde ich Frau Merkel darum bitten, die gleiche Aufmerksamkeit, die der Industrie im Rahmen von Corona zugedacht wird, auch für den Mittelstand und das Handwerk aufzubringen. Die Politik müsste auch hier Verantwortung übernehmen und eine Initiative in die Wege leiten. So wäre es in dieser Krisensituation zum Beispiel absolut sinnvoll, sämtliche bestehenden Verträge mit der öffentlichen Hand nicht neu auszuschreiben, sondern unbürokratisch zu verlängern. So könnte den Betrieben Luft verschafft werden.

Download: Mit Engagement, Kreativität und Solidarität durch die Corona-Zeit – mitunter auch am Tatort-Filmset

Interview mit Peter Hollmann, Betriebsleiter Niederberger Berlin und Brandenburg, geführt von Nielke Schwind-Hellwig, Chefredakteurin Saubere Sache Heute

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